Donnerstag, 20. Juli 2017
Das mit dem Wind und den Segeln
ist ja so eine Sache.
Ich dachte wirklich, ich könnte den gewünschten Kurs halten.
Aber dann stehst du da. Vor mir. Nach wochenlanger Abstinenz.
Du umarmst mich. Stürmisch. Wie ein Ertrinkender.
„Ich habe das hier vermisst. Das zwischen uns. Ich habe dich vermisst!“, murmelst du, während deine Lippen an meinem Hals entlangwandern.
So hatte ich mir das Treffen nicht vorgestellt.
Eigentlich wollte ich klären, ob wir hier und jetzt aufhören.
Aber dann nimmst du ihn mir, den Wind.
Flaute kehrt ein in meine Segeln weil ich denke, dass ich es für heute gut sein lasse.

„Alles in Ordnung bei dir? Unsere Kommunikation war in den letzten Wochen reduziert und ich…“, weiter komme ich nicht.
Es hagelt Küsse und Entschuldigungen.
„Es tut mir leid. Die letzten Wochen waren so stressig. Ich kam kaum zum Schlafen.“
Ob das gelogen ist? Könnte sein.
Aber dann zeigst du mir Bilder und erzählst. Von deinem Urlaub mit deinem Herzmenschen.
Zwischen all diesen / deinen Erinnerungen an die gemeinsamen Tage tauchen Bilder von mir auf.
Solche, die ich verschicke, wenn es einfach Spaß macht. Belangloser Kram.
Aber sie sind da. DORT. Zwischen all deinen persönlichen Bildern.
Warum löscht du so etwas nicht?
So groß mein Misstrauen dir gegenüber ist, andere Bilder von anderen Menschen tauchen in deiner Galerie nicht auf.

Statt meine zu Recht gelegten Worte rauszulassen, lausche ich deiner Urlaubsbeschreibung.
„Fährst du mit mir dorthin? Es gibt noch so viel in dieser Stadt zu sehen. Ich würde dir gerne alles zeigen“, ernsthaft siehst du mich an.
„Das ist keine gute Idee. Du weißt, das könnten wir nie nach außen rechtfertigen und ..naja… diese Stadt steht nicht auf meiner Liste an Reisezielen“, antworte ich dir und mal wieder sehe ich die Enttäuschung in deinem Gesicht.
Deine Euphorie kehrt langsam zurück und wieder bin ich es, die sie im Keim erstickt.
Kurz vor der Verabschiedung erzähle ich dir vom Jobangebot und mit jedem meiner Worte wird dein Gesicht verschlossener.
„Beruflich kann ich deine Entscheidung verstehen. Menschlich nicht“, ist alles, was du dazu zu sagen hast, bevor ein Telefonat diese Unterhaltung unterbricht.

An diesem Tag sehe ich dich nochmal. Spontan, weil es meine Zeit zulässt.
Ich treffe dich bei einem Termin, der dir unter die Haut geht. Eigentlich wollte ich nur zusehen und dennoch beziehst du mich in eine Entscheidung mit ein.
Von einer Randfigur werde ich zu einem Entscheidungsträger.
Deinen Herzmenschen zu fragen ziehst du nicht mal in Betracht.
Ich finde das sehr bitter.

Als ich an diesem Tag nach Hause gehe, stehe ich wieder dort, wo ich schon vor Wochen stand.
Unschlüssig.
Misstrauisch.
Verwirrt.
Und irgendwie auch überfordert.
Mit mir selbst. Mit dir. Mit uns.

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